Poli Grappa-Museum

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Poli Distillerie

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Das Verkosten des Grappas

Das Verkosten des Grappas

Wenn das Ziel des Verkostens nicht darin liegt, die sensorischen Eigenschaften des Produkts zu analysieren, sondern sich ganz einfach die Freude an einem guten Gläschen, vielleicht in der Gesellschaft von Freunden, zu gönnen, ist eine entspannte Atmosphäre mit Sicherheit am besten, um das Destillat voll zu genießen.

Umgekehrt erfordert die sensorische Analyse eines Grappas Aufmerksamkeit und Konzentration.

Die von professionellen Grappa-Verkostern ausgeführten Kostproben finden in einer geeigneten Umgebung mit hellen Wänden statt, die ausreichend ruhig ist, um die Konzentration zu fördern, und keine Düfte oder starken Gerüche ausströmt. Man versucht also, eine neutrale Basis herzustellen, damit alles, was in einem Kelch Grappa enthalten ist, sich ungestört zum Ausdruck bringen kann.

Dem Verkoster wird stets angeraten, kein Parfum zu benutzen, unmittelbar vor der Verkostung nicht zu rauchen und auch nichts zu sich zu nehmen, was den Geschmack verändern könnte, beispielsweise einen Kaffee oder extrem stark schmeckende und gewürzte Speisen. Bei der Verkostung wird stets eine logische Ordnung in der Abfolge der Grappas eingehalten, damit alles gemäß einem natürlichen Crescendo an Intensität und Nachhaltigkeit abläuft (vom jungen bis zum aromatischen Grappa, um mit den langen Verfeinerungen in Holzfässern abzuschließen). Als letzter Rat sollte man immer mit vollem Magen und bei guter körperlicher Verfassung verkosten.

Der Grappa darf nicht zu kalt, vor allem jedoch nicht zu warm serviert werden. Die ideale Serviertemperatur für junge und junge aromatische Grappas liegt zwischen 9 und 13°C. Die gereiften Qualitäten werden dagegen - mit wenigen Ausnahmen - bei einer Temperatur von 17°C genossen. Im Zweifelsfall ist eine etwas niedrigere Temperatur immer besser als eine zu hohe. Einen zu kühl servierten Grappa kann man immer noch in der Handfläche erwärmen, um die Entwicklung seines Duftprofils wahrzunehmen. Das Gegenteil ist jedoch nicht möglich.

Ebenso große Aufmerksamkeit verdient der Degustationskelch. Er sollte eine Tulpenform mittleren Ausmaßes (100-150 Millimeter) mit mittelgroßer Wölbung und nicht zu enger Mundöffnung aufweisen und rigoros aus Kristallglas sein. Zu vermeiden sind Ballongläser und Gläser mit in einem engen Kamin endender Kugelform. Die glockenförmige Öffnung des Kelchs gestattet dagegen eine allmähliche Freisetzung der Düfte.

Die erste Prüfung, der das Destillat unterzogen werden muss, ist die visuelle. Hierzu wird der Kelch im Allgemeinen zwischen das Auge und eine Lichtquelle gehalten, um optimale Bedingungen zu erzielen. Vor allem muss man darauf achten, dass die Flüssigkeit perfekt transparent ist, ohne irgendwelche schwebende Partikel, die die perfekte Penetration der Lichtstrahlen durch sie hindurch beeinträchtigen könnten. Wenn der Grappa, den wir kosten, perfekt transparent ist, können wir ihn sogar als brillant bezeichnen. Treten dagegen schwebende Partikel auf, nimmt die Flüssigkeit einen weißlichen, milchigen Farbton an und wird in schwerwiegenderen und mangelhaften Fällen sogar trübe. Jede Form von Trübheit, die über das Erscheinungsbild einer kristallklaren Flüssigkeit hinausgeht, muss als Defekt betrachtet werden, sofern es sich nicht um einen mit einem Aufguss pflanzlicher Essenzen, die Partikel freisetzen können, aromatisierten Grappa handelt, wie dies zum Beispiel bei einem in die Flasche eingelegten Süßholzstäbchen der Fall ist.

Durch die Analyse der Farbe kann dagegen erkannt werden, ob wir einen jungen Grappa, der stets perfekt transparent und farblos ist, oder einen in Holzfässern gelagerten Grappa, der sich in von zartem Gelb bis hin zu einem herrlichen, intensiven Bernsteinton variierenden Farbnuancen präsentiert, vor uns haben.

Bei der geruchlichen Prüfung darf man keinesfalls die Nase in den Kelch hineinhalten, um die Sättigung durch Alkohol, die die Wahrnehmungsfähigkeit unserer Sinne betäuben würde, zu vermeiden. Der Grappa wird etwas von der Nase entfernt gehalten, wobei man nur kurz und mit Maßen daran riecht und versucht, seine Nuancen wahrzunehmen, ohne allzu tief einzuatmen. Ein junger Grappa weist klare Anklänge von frischen Trestern oder, wenn er aromatisch ist, blumige und fruchtige Nuancen auf. Ein im Fass gelagerter Grappa zeigt sich dagegen reich an würzigen Geschmacksnoten wie Vanille, Zimt, Lakritze, Kakao oder sogar Tabak.

Die Geschmacksprüfung rundet die Begegnung des Grappas mit unseren Sinnen ab. Das Destillat wird in kleinen Schlucken gekostet, die sanft über unsere Zunge gleiten, ohne dass man den Grappa im gesamten Mundraum bewegt, als würden wir ein Glas Wein verkosten; täten wir dies, würden unsere Geschmackspapillen unter dem Gewicht des Alkohols gefühllos werden. Ein gerade lange genug, höchstens wenige Sekunden dauernder Kontakt mit unserem Gaumen ist dagegen das ideale Maß für eine korrekte Verkostung.